Die Sache mit dem Stürzen und Crowdfunding

Wie ihr wisst arbeite ich regelmässig in einem Alterszentrum. Es gibt kaum eine bessere Methode schnell in eine Depression zu geraten als arbeiten mit Bewohner eines Alterszentrums. Es geht kein Besuch vorbei ohne dass ich einen Schwall von u.a. Gesundheitsbeschwerden über mich geschüttet bekomme. Versteht mich gut. Es sind keine unbegründete Gesundheitsbeschwerden.  Leider sind es Beschwerden, die derart unbehandelbar sind, dass man kaum etwas machen kann dagegen. Die Depression kommt daher, dass man sich hilflos diesen Leiden gegenüber fühlt.  Einige dieser Beschwerden kann ich euch nennen: Schmerzen in den Knien und Schultern, Schmerzen im Rücken und Nacken um bei den körperlichen Beschwerden zu bleiben. All diese Beschwerden haben eines Gemeinsam: sie schränken den Bewohner im Alltag sehr ein und werden noch gefördert durch einen Mangel an Bewegung. Unterforderung ist ein grosses Problem in den Alterszentren. Die meisten Bewohner können nur unter Supervision, also mit einer Begleitperson,  gehen (am Stock, Rollator oder eingehakt) und dafür hat es eben zu wenig Personal. Ohne diese Supervison würden die Bewohner jedoch sehr schnell und oft stürzen. Und Stürzen ist die Hauptursache des beschleunigten Gesundheitsrückgangs bei Älteren. 

Warum stürzen Ältere so oft? Frau S. z. B. lief im 2. Stock an ihrem Rollator in Richtung  Personaufzug. Dazu musste sie zuerst eine Treppe mit 'nur' drei Stufen  hinunter. Wer so etwas in einem Alterszentrum entworfen hat, sollte man jetzt noch bebussen. _Drei Stufen in einem Korridor sind nicht viel  für Gesunde, jedoch ein riesen Hindernis für Ältere, die nicht gut gehen können.  Damit man trotzdem die Treppe meistern kann  hat es  einen sgn Treppenlift. Man kann diesen aufklappen und dann kann man mit dem Rollstuhl oder Rollator  auf die ausgeklappte Platte fahren, Knopf drücken und sich hinunter transportieren lassen.  Frau S., die nur 20% sieht, kam an der Treppe an und meinte, die Platte sei schon ausgeklappt. Das war auch so, aber der Lift war nicht oben, wo sie war, sondern unten. Jemand hatte diesen nicht hochgeklappt und weil Frau S. wirklich schlecht sehen konnte, meinte sie, der Lift mit Platte sei oben wo sie gerade herangerollt kam.  Das Schicksal nahm seinen Lauf. Frau S. lief samt Rollator auf die nicht anwesende Platte und Stürzte die drei Stufen runter, wo sie von mir gefunden wurde. Ich hörte den Sturz nämlich, da ich  gerade im benachbarten Zimmer einer Patientin war, die ich im Altersheim behandele.  Frau S.  erlitt mehrere Knochenbrüche und liegt bis heute im Spital.

80% der über 65-jährigen erleidet pro Jahr minimal einen Sturz. Die Hälfte mit schweren gesundheitlichen Folgen wie Knochenbrüche und Luxationen. Die meisten erholen sich nie ganz von den Folgen. Und was könnte man dagegen tun?

Will man gehen können muss man minimal aufstehen können. Dazu braucht es genug Kraft und Beweglichkeit in den beteiligten Gelenken. Und wenn man genug Kraft  hat und beweglich genug ist, braucht es  noch ein gutes Gleichgewicht. Das viele Sitzen verschlechtert die Kraft und Beweglichkeit enorm. Daher wäre meine Idee, dass  in jedem Pflege- und Altersheim einige Male pro Woche eine Stunde ein Gruppentraining angeboten wird. Einfache Übungen im Sitzen oder Stehen, je nach Möglichkeit, können viel dazu beitragen, dass es den Leuten besser geht. Und nicht nur physisch.

Und warum nicht einen einfachen Übungsraum eingerichtet? Soviel kostet das nicht und wenn man sowieso mit Patienten üben will, braucht es ja einen Raum. Mit wenige tausend Franken richtet man so einen Raum ein. Ich schlage vor, ich starte ein Crowdfunding für die Realisierung von Übungsräumen in Alters- und Pflegezentren. Schickt euren Beitrag oder Beitragszusage an mich über meine Mailadresse: PhysioMadou@gmail.com. Mal sehen was rauskommt.

 

Frau Raina Wifalk aus Schweden erfand in den siebziger Jahren den Vorläufer des heutigen Rollators. Auch hat sie schon Trainingsgeräte für  Leute mit Geh- und Armfunktionsbehinderungen entwickelt (Manuped). Heutzutage findet man in den meisten Pflege- und Altersheime kaum eine Möglichkeit und Räumlichkeiten zum Trainieren.

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